Kognitionsforschung

Auch Kakadus tragen lieber leichte Gegenstände

Goffin-Kakadus treffen energieeffiziente Entscheidungen

Goffin-Kakadu beim Transport von Mini-Hanteln
Goffin-Kakadus bevorzugen leichte gegenüber schwereren Objekten. © Antonio J. Osuna-Mascaró

Bloß nicht überanstrengen: Die äußerst intelligenten Goffin-Kakadus können Gegenstände geschickt mit ihrem Schnabel transportieren und deren Gewicht gut einschätzen. Dabei bevorzugen die Vögel offenbar leichtere Objekte gegenüber schwereren Gegenständen, wie eine neue Studie zeigt. Doch nicht immer greifen sie zur leichteren Option. Dieses Verhalten legt nahe, dass die Kakadus über eine Energiesparstrategie verfügen, mit der sie anstrengende Entscheidungen sowie unnötige Lasten beim Transport von Nahrung vermeiden.

Die in Indonesien beheimateten Goffin-Kakadus (Cacatua goffiniana) sind äußerst intelligente und lernfähige Tiere. Sie basteln sich etwa Werkzeuge und benutzen diese klug und effizient, treffen logische Entscheidungen, beherrschen das Hütchenspiel und knacken problemlos ein fünfteiliges Schloss, wie verschiedene Experimente zeigen. Darüber hinaus sind die Kakadus geschickte Transporteure: Sie greifen Gegenstände mit ihrem Schnabel oder ihren Krallen und tragen ihn beispielsweise zu ihrem Nest. Dabei erkennen sie das Gewicht eines Objektes besser als Primaten wie Schimpansen und Kapuzineraffen, wie frühere Studien gezeigt hatten.

Aber warum sind die Vögel so gut im Gewichtabschätzen? Könnte es daran liegen, dass sie fliegen – eine bekanntermaßen energieintensive Art der Fortbewegung – und der Transport eines schweren Objekts im Flug ein erheblicher zusätzlicher Energieaufwand für die Vögel ist?

Kakadus im Transport-Test

Diese Vermutung hat ein Team um Celestine Adelmant von der Universität Oxford nun in verschiedenen Experimenten überprüft. Dafür gaben die Biologen den Kakadus zunächst zwei etwa sechs Zentimeter große Objekte, die optisch identisch waren, jedoch unterschiedlich schwer. Die Vögel erhielten ein Stück Cashew-Kern als Belohnung, wenn sie einen der beiden Gegenstände über eine kurze Distanz zwischen zwei Plattformen transportierten.

Im ersten Test verband eine 1,50 Meter lange Brücke die Plattformen, so dass die Kakadus gehen konnten. Im zweiten Durchgang gab es keine Brücke, so dass die Vögel fliegen mussten, um das von ihnen gewählte Objekt zu befördern. Jeder der acht Kakadus im Experiment hatte insgesamt zwölf Versuche für den Transport, sechs zum Laufen und sechs zum Gehen. Die beiden Gewichte wogen einige Dutzend Gramm, wurden jedoch jeweils an die individuelle Fitness der Kakadus angepasst.

Leichte Gegenstände bevorzugt

Das Experiment ergab: Die Kakadus erkennen den Gewichtsunterschied zwischen den beiden Mini-Kugelhanteln und bevorzugen beim Transport in 74 Prozent der Fälle das leichtere Objekt. Selbst bei einem geringfügigen Gewichtsunterschied von 30 Prozent trugen die meisten Kakadus im Test lieber die leichtere Hantel. „Manchmal waren die Vögel so unnachgiebig bei der Wahl des leichteren Gegenstandes, dass sie das schwerere Objekt quer über den Tisch warfen, bevor sie das leichtere für die Belohnung transportierten!“, berichtet Adelmant.

Die Kakadus können demnach ihr Wissen um Gewichtsunterschiede auch auf praktische Aufgaben anwenden, schließen die Biologen. Entgegen den Erwartungen war die Vorliebe der Kakadus für leichtere Objekte jedoch beim Fliegen und Gehen gleichermaßen ausgeprägt. Sie entschieden sich in beiden Versuchsvarianten gleich selten für die schwerere Hantel. „Die Vögel achten beim Transport auf das Gewicht, es war ihnen aber egal, ob sie laufen oder fliegen mussten“, berichtet Koautor Antonio Osuna-Mascaró von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Unklar ist jedoch, ob dies an der unnatürlich kurzen Transportdistanz im Experiment liegen könnte.

Kakadu mit Mini-Hantel im Schnabel
Nach erfolgtem Transport erhielten die Vögel eine Belohnung. © Antonio J. Osuna-Mascaró

Kakadus haben die Qual der Wahl

Auch interessant: Während der Versuche hoben die Kakadus in knapp 40 Prozent der Fälle ein Gewicht an, setzten es dann ab und kehrten zum anderen zurück. Diesen Prozess wiederholten sie im Schnitt zweimal, bevor sie eine endgültige Entscheidung trafen, welchen Gegenstand sie transportieren, berichten Adelmant und ihre Kollegen.

„Dieses Wechseln könnte metakognitives Bewusstsein widerspiegeln, was darauf hindeutet, dass die Vögel ihr eigenes Wissen erforschen, um beide Optionen zu bewerten“, sagt Osuna-Mascaró. Demnach nehmen sich die Kakadus manchmal durchaus Zeit und wägen ihre Optionen ab, bevor sie sich für das leichtere Objekt entscheiden. Doch die Zeit nehmen sie sich nicht immer: „Diese kleinen Kerle lieben es, Dinge schnell zu erledigen“, sagt Osuna-Mascaró.

Dass die Kakadus beim Fliegen nicht noch stärker auf das Leichtgewicht zugreifen als beim Gehen könnte daher auch einen Kompromiss darstellen, vermutet das Team. Dabei könnten die Kakadus abwägen, wie groß die Anstrengung beim Tragen ist und wie groß die geistige Belastung bei der Entscheidungsfindung. In diesem Zwiespalt entscheiden sich die Vögel offenbar gelegentlich für die schnellere statt der leichteren Option.

Entscheidend ist das Gewicht, nicht dessen Verteilung

Eine andere mögliche Erklärung wäre, dass es den Kakadus auch auf die Verteilung des Gewichts ankommt. Weil Fliegen ein komplexer Vorgang ist, könnte es dabei wichtig sein, wie gut das Transportgewicht ausbalanciert ist. Um das zu testen, erhielten die Kakadus in einem Folgeexperiment zwei acht Zentimeter große hantelförmige Objekte mit gleichem Gesamtgewicht, das jedoch entweder gleichmäßig oder ungleichmäßig in dem Gegenstand verteilt war.

Entgegen den Erwartungen zeigten die Kakadus keine erkennbare Präferenz zwischen den beiden unterschiedlich gut ausbalancierten Mini-Hanteln, sie transportierten beide gleichermaßen oft. Demnach ist für ihre Transportaufgabe eher das Gesamtgewicht als die Gewichtsverteilung der entscheidende Faktor bei ihren Entscheidungen, so die Schlussfolgerung der Biologen.

Aus der Nahrungssuche gelernt?

Warum die Gewichtsverteilung innerhalb der Last irrelevant ist, ist noch unklar, wie Adelmant und ihre Kollegen erklären. Es könnte daran liegen, dass die Kakadus ein Ungleichgewicht generell nicht wahrnehmen können, dass sie es durch einen angepassten Griff ausbalancieren können oder aber dass es für sie auf der kurzen Teststrecke keinen merklichen Mehraufwand bedeutet.

Denkbar wäre auch ein Zusammenhang mit der typischen Nahrung der Kakadus: Denn schwerere Nüsse und Samen enthalten in der Regel mehr Nährstoffe. Wie das Gewicht in den Nüssen und Samen verteilt ist, ist in dieser Hinsicht jedoch egal. „Daher haben Vögel möglicherweise keine Mechanismen entwickelt, um diesen Hinweis zu erkennen oder ihm entgegenzuwirken“, sagt Adelmant.

Aber warum entscheiden sich die Vögel dann nicht immer für die schwereren Hanteln? „Die Vorliebe der Kakadus für leichtere Objekte deutet auf eine Strategie zur Energieeffizienz hin, die für ihr natürliches Futtersuchverhalten von entscheidender Bedeutung sein könnte“, sagt Seniorautorin Alice Auersperg von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Demnach könnte es für die Kakadus weniger anstrengend und daher effizienter sein, leichtere Nahrung zu transportieren statt schwerer Nahrung trotz deren höherem Nährstoffgehalt. In dem Experiment war die Belohnung hingegen stets dieselbe und der Mehraufwand des schwereren Gewichts daher unnötig.

Wie gehen Kakadus mit Werkzeugen um?

„Darauf aufbauend könnten zukünftige Experimente untersuchen, wie diese Vögel den Transport von unterschiedlich schweren und unterschiedlich nützlichen Werkzeugen handhaben“, sagt Auersperg. Möglicherweise verhalten sich die Kakadus dabei ähnlich wie Affen, die beim Nüsseknacken schwerere Steine bevorzugen.

„Solche Studien könnten noch mehr darüber verraten, wie Vögel bei komplexen Aufgaben das Gleichgewicht zwischen körperlicher Anstrengung und kognitiven Anforderungen finden“, sagt die Forscherin. (Scientific Reports , 2024; doi: 10.1038/s41598-024-76104-7)

Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien

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